Das Thema 'Kontakte - Dialoge' fordert dazu heraus, mit anderen Personen in Kontakt zu treten. Die Postkarte schien mir ein geeignetes Mittel zu sein, um einen ersten Schritt in diese Richtung zu wagen.

Zunächst einige allgemeine Gedanken zur Postkarte: was mich persönlich auch schon in früheren Arbeiten an der Postkarte interessiert hat, war beispielsweise das unauffällige Format, das gleichzeitig einen unauffälligen Arbeitsprozeß mit sich bringt. Die zur Gestaltung zur Verfügung stehende Fläche ist sehr begrenzt. Man ist fast zur Reduktion und einem bedächtigen Umgang mit dem "Werkzeug" gezwungen. Trotz des verhältnismäßig kleinen Papieres bleibt jedoch noch genug Raum für persönliche Äußerungen, Gedanken, Nachrichten, Teilnahme und Anteilnahme. Verschickt man die Karte, so zeigt man, daß man an jemanden oder an etwas denkt. Eine Karte kann keinen Brief ersetzen, sie ist eher eine Möglichkeit, sich in konzentrierter Form anderen schriftlich mitzuteilen.

Interessant ist für mich an der Postkarte auch, daß sie, einmal abgeschickt, eine Reise unternehmen muß, um ihren Empfänger zu erreichen. Spuren dieser Reise können, je nach Art und Dauer der Beförderung, mehr oder weniger deutlich sichtbar sein. So hat jede Karte ihre eigene Geschichte. Durch welche Hände sie gegangen ist, in welchen Behältnissen sie transportiert wurde, welchen klimatischen Bedingungen sie ausgesetzt war und wer eventuell einen interessierten Blick auf sie geworfen hat, all das weiß im Grunde nur die Karte. Hat man eine Postkarte eigenhändig gestaltet und damit ein Stück seiner Selbst zu Papier gebracht, so verbindet einen natürlich mit der Karte mehr, als würde man irgendein Industrieprodukt auf die Reise schicken. Man trennt sich von der Karte in der Hoffnung, daß sie in die richtigen Hände fällt.

Nun Genaueres zur Postkartenaktion: Am Anfang stand natürlich die Überlegung, wie die Aktion überhaupt durchgeführt werden sollte. Es war geplant, daß 100 Personen in der ganzen Welt jeweils zwei von mir gestaltete Postkarten in einem Brief zugeschickt bekommen. Wollte sich der Empfänger des Briefes an meiner Aktion beteiligen, so mußte er nur eine der Karten als Geschenk annehmen und mir die andere, versehen mit einem Gruß oder einem Gedanken zum Thema, zurückschicken. Ein indirekter Kontakt sollte so zwischen Menschen entstehen, die nicht unbedingt einander kennen, aber sicher viele Gemeinsamkeiten haben: das Interesse an Sprache, Kultur(en), Austausch.

Hinsichtlich der Gestaltung war mir klar, daß es sich um eine Formensprache handeln müßte, die Raum zum Interpretieren läßt. Auch bezüglich der Farbe sollte reduziert werden. Die Technik des Holzdrucks kam mir in dieser Hinsicht sehr entgegen. Gefallen hat mir dabei außerdem der Gedanke, daß die ersten in unserem Kulturkreis reproduzierten Bilder ebenfalls Holzdrucke waren. Übernommen wurden von dieser alten Technik zwei Materialien: Holz und schwarze Farbe. Entgegen aller Tradition habe ich jedoch nicht in das Holz geschnitten, sondern allenfalls zwei ausgeschnittene Flächen einander gegenübergestellt. Variationen entstanden beim Druckvorgang durch unterschiedliches Einwalzen der beiden Druckstöcke und verschieden große Freiräume zwischen den beiden grauschwarzen Flächen. Auf diese Weise wurden 200 Postkarten gedruckt, von denen jeweils zwei gleich, oder zumindest sehr ähnlich waren.

Von insgesamt 100 Empfängern (50 persönliche Bekannte und 50 kulturelle Institutionen in aller Welt) nahmen 60 an meiner Aktion teil. Allen sei an dieser Stelle für ihr Interesse und ihre Mühe gedankt! Hier sehen sie einige der Antworten.

Erweitert und erheblich bereichert wurde meine Aktion durch eine Anfrage der Japanisch-Deutschen Gesellschaft in Mito/Japan, weitere 30 Postkarten zu schicken. Vielen Dank!